Wir brauchen ECHTE Beziehungen! - Die Superkraft unter der Lupe

Wie heißt es so schön – Netzwerk schadet nur dem/der, der/die keines hat. Ähnlich sieht es mit Beziehungen aus! Gibt es in meinem Team keine echten Beziehungen, fehlt eine Superkraft, die Teams zu extrem starken Teams macht, die nicht nur ihren Job, sondern auch Krisen und Herausforderungen gemeinsam meistern können.

Gerade in einer Zeit, in der die digitale Transformation alle Möglichkeiten liefert, dezentral zusammenzuarbeiten, das reale Miteinander weniger wird und wir durch flachere Hierarchien die Eigenverantwortung erhöhen, kommt es mehr als je zuvor auf den Faktor Mensch und die Beziehungen zueinander an. Gerade jetzt sind unsere Verbindungen zueinander entscheidend für unseren Erfolg. Wenn man sich kennt, sich vertraut, füreinander einsteht und für ein gemeinsames Ziel antritt, hat man entscheidende Wettbewerbsvorteile am Markt!  

Wer mich gut kennt, weiß, dass ich großen Wert auf emotionale Nähe lege. Ich brauche keine Verbindungen, die oberflächlich, rein strategisch und ohne wirkliches Interesse am Gegenüber stattfinden. Ich empfinde solche Verbindungen als Zeiträuber und ich fühle mich mit diesen Menschen nicht wohl. Natürlich gibt es auch bei mir Ausnahmen – aber ich reduziere sie auf ein Maß, mit dem ich gut leben kann.

Was motiviert und begeistert mich hingegen im Miteinander? Es sind Beziehungen, die offen, ehrlich, kritisch, vertraulich, integer, loyal und belastbar sind; Beziehungen, in denen man sich auch im Herzen begegnet, sich aufeinander verlassen kann, weil man eine gute Absicht in sich trägt; Beziehungen, in denen man sich auf einer Ebene begegnet, die uns wachsen lässt und die uns immer wieder auf den persönlichen Prüfstand stellt, ob wir noch dem richtigen Kurs folgen; Beziehungen, in denen wir ansprechen, wenn etwas nicht gut ist, und in denen wir gemeinsam daran arbeiten, dass es wieder besser wird.

Genau diese Beziehungen machen auch im beruflichen Kontext den Unterschied und sind z.B. niemals durch KI ersetzbar. Mit guten und belastbaren Beziehungen begegnen wir u.a. auch dem Thema Fachkräftemangel auf eine Weise, die einen echten Mehrwert in sich trägt. Teams werden zu Recruiter:innen, weil sie sich wertgeschätzt und gefördert fühlen. Und selbst, wenn sich Wege irgendwann trennen müssen: mit einer gesunden Beziehung zueinander lässt sich auch ein Offboarding (Verlassen des Unternehmens) gestalten und professionell umsetzen.

Wir benötigen diese Beziehungen also dringend im Unternehmen, aber auch auf der Ebene der Kunden benötigen wir belastbare Beziehungen. Im permanenten Wettbewerb um Marktanteile gewinnen wir durch exzellente Produkte, exzellenten Service und vor allem durch emotionale Kundenbindung! Im Einkauf sind belastbare Beziehungen das „A und O“ für fruchtbare Verhandlungssituationen.

Dazu ist es nötig, dass wir uns immer wieder auch Zeit für das Gespräch neben dem Auftrag nehmen – dem Menschen hinter dem Auftrag zuhören … Und das eine bedingt das andere ... Meine Mentorin sagte immer: „Kundenorientierung funktioniert im Außen nur so gut wie sie im Innen – mit unseren Kolleginnen und Kollegen – funktioniert!“

Doch wie gelingt es uns, echte Beziehungen wachsen zu lassen? Eins vorweg: „Leider“ braucht es Zeit – viel Zeit …! Aber es ist sehr gut investierte Zeit, denn wir gewinnen dadurch nicht nur im Job wertvolle Erfahrungen und Verbindungen, sondern für unser insgesamtes Leben. Das Mindset färbt ab – wir entwickeln soziale Kompetenzen nie nur für einen Bereich des Lebens.

Damit wir starten können, braucht es die Bereitschaft auf beiden Seiten, sich zu öffnen und zu zeigen. Und hier sind dann manchmal auch direkt die Grenzen zu spüren. Wenn es nicht beiden Seiten gelingt, sich zu öffnen, werden wir schnell an unsere Beziehungsgrenze stoßen. Aber auch diese Klarheit hilft im Miteinander und es gilt dann, den passenden Rahmen zu gestalten.

Ich begleite in meinem Arbeitsalltag Fach- und Führungskräfte aller Hierarchieebenen und erlebe regelmäßig, wie schwer sich Menschen damit tun, offen und authentisch zu sein – teils, weil es die Unternehmenskultur noch nicht zulässt, weil man noch die Meinung vertritt „Job ist Job und privat ist privat“, weil man schlechte Erfahrungen aus der Vergangenheit nicht loslassen kann, weil man selbst noch nicht bei sich angekommen ist und die Wünsche und Ziele nicht formulieren kann. Es gibt zahlreiche Gründe dafür, dass wir in eine Job-Rolle schlüpfen, uns angepasst zeigen und nach Feierabend in unser eigentliches „Ich“ wechseln.

Doch wie würde es uns gehen, wenn wir so viel Vertrauen zueinander hätten, dass wir wir selbst sein können? Immer – egal zu welcher Uhrzeit … Wenn wir uns öffnen und den Menschen wirklich kennenlernen möchten und im Gegenzug zulassen, dass man uns immer besser kennenlernen kann?

Natürlich gibt es Grenzen, innerhalb derer wir uns bewegen. Nicht alle Themen müssen wir mit allen Menschen teilen. Nicht alle persönlichen Informationen sind für alle Menschen passend oder interessant. Es gibt aber sehr wohl Situationen, bei denen uns der Blick auf verschiedene Bereiche des Lebens hilft, unser Gegenüber besser zu verstehen, und die ein empathisches Handeln erst möglich machen.

Wenn ich als Führungskraft nicht weiß, was gerade im Leben meiner Kollegin oder meines Kollegen los ist – wie will ich denn dann die richtigen Entscheidungen für meine Führungsarbeit treffen? Andersherum – wenn ich mich als Mitarbeiter:in nicht öffne, darf ich auch nicht erwarten, dass meine Führungskraft mich als Individuum sieht und entsprechend begleitet.

Wenn es uns also gelingt, authentisch und offen miteinander umzugehen, gilt es, gut auf mich und mein Umfeld zu achten. Ich trage die Verantwortung für mich und auch dafür, dass sich mein Umfeld mit mir sicher fühlen kann, mich lesen kann und mir Feedback geben kann, wenn es irgendwo Irritationen gibt.

Nutzen Sie Ihre täglichen Möglichkeiten, um Ihre Beziehungen zueinander nach und nach wachsen zu lassen. Nutzen Sie Ihre Mitarbeiter:innen-Gespräche – arbeiten Sie nicht nur Fragebögen durch, suchen Sie den Dialog und Austausch. Lernen Sie sich gegenseitig auf einer weiteren Ebene kennen. Kaffeemaschinen-Plausch, Jubiläen, Geburtstage, Firmenfeiern, Urlaubsrückkehr, Pitch-Erfolg, Pitch-Misserfolg, Küchentheke-Schwätzchen, Parkplatztalk – wir haben unglaublich viele Möglichkeiten, Zeit in unsere Beziehung zu investieren.

Die einfache Frage: „Wie geht es dir?“ liefert alles, was wir für einen Einstieg benötigen. Sie liefert die Möglichkeit, den ersten Schritt zu gehen und eine ehrliche Antwort darauf zu geben. Und sie liefert die Möglichkeit, dass wir die Antwort wirklich hören möchten und nicht schon mit einem Fuß im nächsten Meeting stehen!

Für alle Effizienz-Getriebenen: Die Zeit, die wir in unsere Beziehungen investieren, sparen wir später auf jeden Fall ein, z. B. wenn wir keine Grundsatzdiskussionen über das Miteinander mehr führen müssen und bei Irritationen in einen direkten Austausch einsteigen – und nicht wochenlang Energie verloren geht, weil ungeklärte Themen zwischen uns stehen.

Apropos Grundsatzdiskussionen: Zahlreiche Unternehmer:innen stehen gerade vor der Herausforderung, die Generation Ihrer (Enkel-)Kinder im Unternehmen willkommen zu heißen. Zuweilen fühlt es sich an, als würden die pubertären Gespräche in einer neuen Konstellation fortgeführt: nicht Eltern-Kind, sondern Führungskraft-Mitarbeiter:in. Hier erlebe ich teilweise Situationen, die sich anfühlen, als möchte man jetzt noch mal die Chance nutzen, mit den Generations-Sichtweisen aufzuräumen. Ich habe aber das sichere Gefühl, dass wir damit nicht einen Schritt weiterkommen. Das Beste aus allen Welten verbinden – darin liegt der Schlüssel des Erfolgs in meinem Verständnis.

Fazit: Den besten Schritt, den wir machen können, machen wir, indem wir auf unser Gegenüber zugehen, um uns auf Augenhöhe zu begegnen und mit unserem ganzen Sein gegenüberzustehen – mit der positiven Absicht, dass wir uns kennenlernen und uns wertschätzen, in all unserer Unterschiedlichkeit, ohne Auf- und ohne Abwertung, mit dem Ziel, als Mensch zu wachsen und als Team noch stärker zu werden!

Ich wünsche Ihnen viel Freude, spannende neue Erkenntnisse über sich und Ihre Mitmenschen und, dass Sie sich die Zeit füreinander auch im hektischen Alltag nehmen.

Es warten wunderbare Beziehungen auf Sie!

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