Virtuelle Mitarbeitergespräche

Ein Jahr voller veränderter Arbeitsbedingungen wie Homeoffice, Kurzarbeit, Teamveränderung und Verantwortungsanpassungen ist zu Ende. Wann und wie sollte das Mitarbeitergespräch nach diesem Jahr überhaupt stattfinden?

Die Ausgangssituationen sind unterschiedlich: manche Mitarbeitende haben wie gewohnt weitergearbeitet, andere sogar Überstunden gemacht, anderen wurden die Stunden gekürzt oder sie mussten in Kurzarbeit gehen. Trotz der veränderten Bedingungen – und egal, welche Ihre Ausgangssituation ist – empfehlen wir dringend, das Mitarbeitergespräch stattfinden zu lassen, denn diese Relevanz ist geblieben.

Wenngleich wir die Meinung vertreten, dass das Mitarbeiterjahresgespräch im Grunde ausgedient haben sollte – denn wir stehen als Führungskräfte bitte ganzjährig im Dialog mit unserem Team –, findet es vielerorts am Jahresanfang statt, weil es um Zielvereinbarungen und Jahresplanungen geht.

Gerade jetzt sollten Mitarbeitende Wertschätzung erfahren. Viele haben durch die veränderten Arbeitsbedingungen mehr Zeit und Anlass, über das Unternehmen, ihre Vorgesetzten, das Team und die Arbeit nachzudenken. Das Mitarbeitergespräch dient nicht nur dem Austausch zu Zielen und Gehaltserwartungen. Es dient auch dazu, die Mitarbeitenden zu hören, ihre Gedanken und Befindlichkeiten zu erfahren und ihren Gedanken, Ängsten und Wünschen Raum zu geben. Durch ein solches Gespräch werden Mitarbeitende gefördert und motiviert, um so auch über die Distanz hinweg leistungsstark und motiviert zu bleiben. Diese Entwicklung bedarf nicht unbedingt der Präsenz in einem gemeinsamen Raum, wohl aber das Stattfinden des Gesprächs.

Und auch Mitarbeitende sollten das Gespräch als Chance sehen und nutzen, mit der oder dem Vorgesetzten ins Gespräch zu kommen und ihr/ihm zu erzählen, wie es ihnen im vergangenen Jahr ergangen ist. Sollte vom Arbeitgeber kein Gespräch angesetzt sein, fragen Sie ruhig mal nach und teilen Sie mit, dass Sie durchaus Bedarf für ein Mitarbeitergespräch sehen.

Vorbereitung auf das Gespräch

Ein Mitarbeitergespräch aus dem Homeoffice bedarf der gleichen Professionalität und Vorbereitung wie ein Gespräch im selben, realen Raum. Legen Sie einen Termin fest und schicken Sie Ihrer Mitarbeiterin bzw. Ihrem Mitarbeiter rechtzeitig eine Einladung inklusive eines Ablaufplans des Gesprächs. Diese Agenda gibt der/dem Mitarbeitenden Orientierung und nimmt Ängste. Es bietet sich außerdem an, das Formular über „Einschätzung Zusammenarbeit, Projekte etc.“, welches auch normalerweise beim Gespräch genutzt wird, im Vorfeld zu verschicken. So kann sich die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter ihre/seine Gedanken notieren und das eigentliche Gespräch hat Struktur. Für die Führungskräfte dient das Formular als Gesprächsleitfaden.

Ein Punkt auf Ihrer Agenda sollte der Aspekt des Feedbacks sein. Dabei setzen wir stets auf die Form der 3-teiligen Ich-Botschaft: Wahrnehmung schildern, Wirkung benennen und Wunsch äußern. Dies dient als Grundlage, um ins Gespräch zu kommen, und soll nicht als Eröffnung eines Schlagabtauschs verstanden werden.

Planen Sie Pufferzeiten ein und nehmen Sie sich genug Zeit für Ihr Teammitglied.

Außerdem sollten Sie sich Gedanken machen, was das richtige digitale Setting für ein solches Gespräch ist. Wir empfehlen vor allem, die Funktion der Videotelefonie zu nutzen, da es für beide Seiten offener und persönlicher ist und man sich nicht verstecken kann. Denn mehr als
50 % der menschlichen Kommunikation findet über Gestik, Mimik und Körpersprache statt.

Sprechen Sie zu Beginn die Umstände an und setzen Sie Regeln für das Gespräch fest. Fragen Sie die Mitarbeiterin/den Mitarbeiter, ob sie/er einen ruhigen Platz hat und stellen Sie sicher, dass sowohl Sie selbst als auch Ihr Gegenüber frei sprechen können. Vergewissern Sie sich unbedingt am Ende des Gesprächs, dass Sie auf denselben Punkt gekommen sind, sich dieselben Ergebnisse notiert haben. Vermeiden Sie Unklarheiten und Missverständnisse und ermuntern Sie auch Ihr Gegenüber, bei Unklarheiten nachzufragen. Das Gesprächsformular wird wie gewohnt im Anschluss gegenseitig bestätigt und entsprechend abgelegt. Beim nächsten Gespräch dient es als Grundlage für den gemeinsamen Rück- und Ausblick.

Überlegen Sie sich als Mitarbeitende/Mitarbeitender vorab, was Sie gerade beschäftigt und was Sie Ihren Arbeitgeber wissen lassen wollen. Woran haben Sie sich vielleicht innerhalb des Jahres gerieben, was hat Ihnen besonders gut gefallen, wo möchten Sie sich noch mehr mit einbringen, wo brauchen Sie mehr Feedback? Bei diesem Gespräch geht es um Sie, also nutzen Sie die Gelegenheit und erzählen Sie von sich und stellen Sie die Fragen, die Sie beschäftigen.

Üblicherweise werden innerhalb dieser Gespräche auch Ziele für das Jahr definiert. Obwohl der Verlauf des Jahres ungewiss ist, geben Ziele und Strukturen den Mitarbeitenden und auch der Führungskraft Stabilität und Orientierung. Sprechen Sie konkret über Veränderungen, Arbeitsstunden, Aufgaben und Prioritäten. Genauso sollten Sie auch auf die Punkte schauen, die sich nicht verändert haben und die sich voraussichtlich auch nicht ändern werden. Schaffen Sie Transparenz und Klarheit und ermöglichen Sie so Orientierung in dieser unbeständigen und veränderungsintensiven Zeit.

Haben Sie Ihre ersten Erfahrungen mit dieser Art der professionellen Mitarbeiterkommunikation erst einmal gesammelt, werden Sie feststellen, welche Möglichkeiten sich Ihnen zeigen. Die Zusammenarbeit auf Distanz, wie wir sie gerade kennenlernen, bietet uns gerade auch an, deutlich „unkomplizierter“ zusammenzuarbeiten. Wir hören von vielen Teilnehmenden Sätze wie: „Früher war das alles immer so förmlich – heute menschelt es und das tut unserer Firma richtig gut.“ oder „Im Moment reden wir viel häufiger auch mal darüber, wie es uns geht.“ oder „Klasse, wie nah man sich kommt. Allein schon, weil wir jetzt alle wissen, wie wir so wohnen.“

Wir arbeiten plötzlich mit einem Vertrauensvorschuss zusammen und kaum jemand fragt noch: „Was arbeiten die wohl da im Homeoffice?“ Wir führen endlich mit Ergebniszielen und nicht mit kleinteiliger Kontrolle. Das war lange überfällig und wird uns auch in Zukunft helfen, motivierte und eigenverantwortliche Teams zu fördern.

Wir alle wissen, dass es jetzt an uns liegt, was wir aus den Rahmenbedingungen machen. Mit dem Finger zeigen ist nicht dran – wer das noch tut, hat seine Rolle und seine Eigenverantwortung noch nicht gefunden.

Jedes noch so gut geplante Mitarbeitergespräch ist nicht so wertvoll wie regelmäßiges gegenseitiges Feedback mit einem offenen Ohr für Ideen und Kritik und Raum für Lob und Wertschätzung. Leben Sie eine dialogorientierte Führung – dann passt auch das Mitarbeitergespräch am Jahresanfang weiterhin. 

Bevor wir Sie guten Gewissens zu Ihren digitalen Mitarbeitergesprächen schicken, liegt uns jedoch noch eine Sache sehr am Herzen: Bei aller Liebe zu neuen Wegen gibt es auch bei diesem Thema klare Grenzen. Damit meinen wir besonders persönliche oder weitreichende Entscheidungen, die auch trotz der aktuellen Situation nicht digital besprochen werden sollten. Ein solches Beispiel stellt nach unserer Definition beispielsweise eine Kündigung oder Abmahnung dar. Für solche Schritte sollten Sie sich auch jetzt und zukünftig in einem Präsenzgespräch mit Ihren Mitarbeitenden treffen.

Wir wünschen Ihnen gute Gespräche und sind gerne Ihre Partner, wenn Sie bei Ihrer Gesprächsplanung noch einmal genauer hinsehen möchten.

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Ein Kozept zum Thema MAG-online - persönlich und professionell trotz räumlicher Distanz 

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