Update Arbeitgeberattraktivität Onboarding als strategische Führungsaufgabe

Wussten Sie, dass rund 20 % der Mitarbeitenden binnen der ersten 45 Tage entscheiden, ob sie längerfristig in einem Unternehmen bleiben? Also rund ein Viertel der neuen Mitarbeitenden wissen im ersten Monat, ob sie gut angekommen sind und ob sie bleiben möchten.

Gut ankommen im Unternehmen – wie definiert man das? Wir glauben, ein gut strukturierter Onboarding-Prozess, der sich am Menschen orientiert, schafft eine frühzeitige Bindung ans Unternehmen. Onboarding ist mehr, als den „Neuen“ den Arbeitsplatz zeigen – Onboarding ist eine strategische Führungsaufgabe.

Die positiven Nutzen eines guten Onboardings sorgen auf lange Sicht für engagiertere und produktivere Mitarbeitende. Werden Sie sichtbar mit einem guten Onboarding und erhöhen Sie so Ihre Arbeitgeberattraktivität - alles frei nach dem Motto: „Gutes tun und darüber sprechen.“

Lassen Sie uns einen Onboarding-Prozess einmal Schritt für Schritt durchgehen:

Phase eins: Das Preboarding

Preboarding umfasst die Phase von der Vertragsunterschrift bis zum ersten Arbeitstag. Hier gilt es, Kontakt zur neuen Mitarbeiterin, zum neuen Mitarbeiter oder auch Onboardee herzustellen und zu halten. Der Arbeitsplatz wird eingerichtet, Hard- und Software bereitgestellt, sodass der*die Onboardee zeitnah arbeitsfähig ist und Zugriff auf relevante Programme und Dateien hat.

Gibt es konkrete Projekte, in die der*die Onboardee bereits Einblick erhalten kann? Welche (sozialen) Events stehen an und ist der*die Onboardee dazu eingeladen? In dieser Phase ist es hilfreich, das zukünftige Arbeitsteam der*des Onboardee dafür zu sensibilisieren, dass die Integration der neuen Person zur festen Aufgabe gehört. Hier bietet sich an, 1-2 feste Ansprechpartner*innen zu benennen. Der frühzeitige Einblick in relevante Projekte fördert die Bindung und hilft der neuen Person dabei, sich mit potenziellen neuen Aufgaben vorab vertraut zu machen. So kann die Person selbst entscheiden, ob es noch Wissenslücken gibt, die sie vorab schließen möchte. Oder sie kann bereits brainstormen, an welchen Stellen im zukünftigen Projekt sie ihre Fähigkeiten gute einbringen kann.

Ein Vorab-Einblick ins Projekt fördert langfristige die Partizipationsbereitschaft. An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass der*die Onboardee freiwillig mitentscheidet, inwieweit er*sie das Preboarding für sich nutzen möchte. Preboarding ist also ein Angebot und sollte auch so kommuniziert werden.

Eine weitere Aufgabe der Ansprechpartner*innen kann es sein, vorab über den Ablauf des ersten Tages zu informieren. Wann beginnt der Arbeitstag, wer ist ansprechbar, welche Stationen wird man ablaufen? Die Phase des Preboardings macht ca. 25 % des gesamten Prozesses aus.

Phase zwei: Das Onboarding

Es ist der erste Arbeitstag des neuen Teammitglieds. Die Kollegen und Kolleginnen sind informiert. In dieser Phase bringen Sie oder ausgewählte Ansprechpartner*innen dem neuen Teammitglied Kultur, Führungsleitlinien und Leitbilder näher. Außerdem sollte das Teammitglied über anstehende Betriebsevents informiert werden. Und das Wichtigste: Führen Sie regelmäßig Feedbackgespräche – sowohl über den Stand der Einarbeitung als auch über den Verlauf.

Praktische Aufgaben werden gemeinsam im Team verteilt und vorbereitet. Dadurch wird die Selbstwirksamkeit des Mitarbeitenden gestärkt. Dieser gesamte Prozess macht rund 50 % der Integration des neuen Mitarbeitenden aus. Über welchen Zeitraum er sich erstreckt, ist individuell – je nach Branche, Erfahrung und Teamstruktur.

Das ist alles etwas sehr „lehrbuchmäßig“ dargestellt und so genau muss man das doch nicht nehmen, oder? Gern gebe ich Ihnen ein Beispiel, was passieren kann, wenn kein gutes Onboarding stattfindet:

Eine junge Frau Mitte 20 kommt frisch von der Uni und hat sich nach einiger Recherche beworben. Die Zusage des zukünftigen Arbeitgebers freut sie, das Gehalt stimmt und der Aufgabenbereich ist ihr im guten Maße vertraut, sie fühlt sich bereit für den neuen Job.

Dann kommt der erste Arbeitstag und ihr wird sogar eine Kollegin zugeteilt, die mit ihr den Tag verbringt. Nett, aufgeschlossen und etwas hektisch zeigt diese ihr die Räumlichkeiten: „Hier kannst du Pause machen, das ist dein Arbeitsplatz – ach so, und der Schlüssel hier ist nur für die obere Etage ...“ Während sie den Computer zusammen starten, fragt die Kollegin die Neue, in welchem Projekt sie denn tätig sein wird. Irritiert und irgendwie auch etwas beschämt kann sie nur antworten: „Das weiß ich noch nicht …“ Die Kollegin wirkt verwundert und das Gespräch ist an der Stelle erstmal erkaltet. Die neue Mitarbeiterin überlegt:

  • „Habe ich mich vielleicht nicht gut informiert?“
  • „Denkt die Kollegin, ich sei nicht qualifiziert?“
  • „Hätte ich mich auf ein konkretes Projekt bewerben müssen?“

Die Situation zeigt: hier wurde der gesamte Onboarding-Prozess nicht zu Ende gedacht. Ein Preboarding hat nicht stattgefunden und auch die Kolleginnen und Kollegen wurden nur teilweise über die Einstellung informiert. Und die wohl entscheidendste Information für einen Verbleib beim Arbeitgeber: Warum wurde genau ich eingestellt und was ist meine Aufgabe?

Die Situation ließ sich in den nächsten Tagen klären, aber ein gewisser Grad der Verunsicherung blieb.

Wie kann es besser laufen? Geben Sie dem Onboarding-Prozess Struktur und Plan. Verschiedene digitale Anwendungen bieten Hilfsmittel an, um einen zugänglichen, strukturierten Einarbeitungsplan zu gestalten. Mit Microsoft Teams haben Sie beispielsweise die Möglichkeit, einen Einarbeitungsplan mittels modularen „Päckchen“ zu erstellen und für die einzelnen Themengebiete Ansprechpartner*innen zu benennen. Wenn immer ein Punkt der Einarbeitung erledigt ist, kann er auf der Einarbeitungsliste abgehakt werden. Bei Rückfragen ist der*dem Onboardee ein*e direkte*r Ansprechpartner*in bekannt. Der Einarbeitungsplan ist für das gesamte Team frei zugänglich. So behalten alle Teammitglieder den Überblick und werden an ihre jeweilige Rolle im Prozess erinnert. 

Lassen Sie Ihre Mitarbeitenden den Plan mitgestalten. Dadurch erhalten die Teammitglieder die Möglichkeit, den eigenen Onboarding-Prozess noch einmal zu reflektieren und können das Onboarding des neuen Teammitglieds verbessern und lebendig halten.

Eine weitere Idee: Anerkennung und Anwendung authentischer Stärken der neuen Mitarbeitenden. Machen Sie als Teamleitung oder Führungskraft frühzeitig transparent, WARUM die jeweilige Person eingestellt wurde und welche Stärken im Unternehmen eingebracht werden können. Unterstützen Sie den*die Neue*n, sich mithilfe seiner*ihrer persönlichen Stärken im Unternehmen vorzustellen. Das fördert Innovation durch Vernetzung, reduziert das Stressempfinden (denken Sie an unser vorheriges Beispiel) und sorgt für eine Verbindung von inspirierenden und aktivierenden Kollegen und Kolleginnen.

Der Onboarding-Prozess ist durchaus komplex, aber mit Struktur und frühzeitiger Einbindung der Teammitglieder ein Projekt, an dem das gesamte Team wachsen kann.

Phase 3: Einarbeitung und Integration

In dieser Phase ist stetige Kommunikation und gezielte Unterstützung entscheidend. Onboardees werden fortlaufend fachlich und sozial integriert. So kann am Ende der Probezeit eine fundierte Entscheidung zur Übernahme getroffen werden. Sowohl der*die neue Mitarbeiter*in kann eine begründete Entscheidung für den Verbleib treffen und auch Sie als Arbeitgeber sammeln Argumente für oder gegen die Übernahme. Nach Abschluss der dieser Phase sind Sie bei ca. 80% des Gesamtprozesses. Die letzten 20% entsprechen der stetigen Kommunikation und gezielten Unterstützung über die Probezeit hinaus.

Zusammenfassend empfehlen wir, Onboarding als Prozess zu begreifen. Je mehr Mitarbeitende aktiv an der Integration der neuen Person beteiligt sind, desto nachhaltiger entstehen effektive Arbeitsbeziehungen. Und ein gut strukturierter und geplanter Onboarding-Prozess spricht sich rum: Ihre Arbeitgeberattraktivität erhöht sich.

Sie möchten einen genaueren Blick auf Ihre Onboarding-Prozesse werfen? Wir unterstützen Sie dabei!

Take-Aways

1. Onboarding ist ein Prozess und braucht Planung, Rollen und Struktur

2.Bleiben Sie in Kontakt: Gutes Preboarding entsteht durch Informationen zu relevanten Projekten und sozialen Events. Stetige Kommunikation und wechselseitiges Feedback ist das Fundament einer gelingenden Einarbeitung.

3. Anerkennung und Anwendung authentischer Stärken: Benennen Sie die Einstellungsgründe transparent und erzeugen Sie Partizipationsmöglichkeiten.

4. Beziehungen entstehen lassen: Binden Sie möglichst viele Teammitglieder ins Onboarding mit ein und benennen Sie konkrete Ansprechpartner*innen. So entsteht ein inspirierendes Miteinander.