Deine Perspektive auf Vertrauen im Unternehmen

Was würden Sie antworten, wenn ich Sie frage, was eine der wichtigsten Komponenten für eine gute Partnerschaft ist?

Ich bin mir sicher, dass ein Thema, das Ihnen jetzt durch den Kopf geht, Vertrauen ist. In der privaten Partnerschaft bereits üblich, gewinnt der Vertrauensbegriff auch im Arbeitskontext immer mehr an Bedeutung. Ich wollte gerne wissen, wie meine Kollegin Heidi Zauner-Hamperl und mein Kollege Fabian Büser das Thema „Vertrauen“ für sich übersetzen, und ich versprach mir, mit einem Blick durch ihre Vertrauens-Brille meine eigene und auch Ihre Perspektive, liebe Lesende, zu erweitern.

Viel Spaß und gute Erkenntnisse wünsche ich Ihnen beim Lesen des Interviews!

ANNA: Welches Bild entsteht bei euch, wenn ihr an Vertrauen denkt, und was bedeutet Vertrauen im Unternehmen?

HEIDI: Für mich entsteht das Bild, sich in die Augen zu schauen – wir sind eins, also … wir gehören zusammen. Vertrauen im Unternehmen heißt, ich möchte offen sprechen können, ohne darüber nachdenken zu müssen: „Sage ich jetzt das Richtige oder das Falsche oder kann es gegen mich verwendet werden?“ Vertrauen im Unternehmen heißt für mich, dass meine Fähigkeiten und meine Kompetenzen gesehen werden und in sie investiert wird. Vertrauen heißt für mich, sich aufeinander zu verlassen, auch im Unternehmen, also füreinander da sein, einspringen … Vertrauen heißt für mich, eine tolle Arbeitsbasis zu haben und mich mit Freude jeden Morgen auf den Weg zu meiner Arbeit zu machen.

FABIAN: Ein Bild von Partnerschaft entsteht bei mir im Kopf, bei der es um mehrere Parteien geht, die sich gegenseitig vertrauen. Vertrauen kann zwar einseitig sein, aber es ist im besten Fall auf beiden Seiten vorhanden – dann hat es auch langfristig eine Chance. Insofern hat es für mich etwas mit Partnerschaft zu tun, weil gelebte Partnerschaft eben auch heißt, dass man ständig und regelmäßig darein investiert, dass Vertrauen erhalten bleibt. Wenn es nur eine Seite schleifen lässt oder missbraucht, dann ist auch kein Vertrauen mehr da. Ich finde es zum Beispiel in der Geschäftspartnerschaft schwierig, wenn man nicht am gemeinsamen Ziel arbeitet, von Vertrauen zu sprechen. Wenn es zwei konfliktäre Interessen gibt, ist auch immer das Vertrauen in Gefahr. Ein gutes Geschäft und auch ein gutes Unternehmen leben von einer vertrauensvollen Kultur und haben dadurch viele Chancen, weiter zu wachsen.

ANNA: Und wie wird das aus eurer Perspektive bei Müller + Partner gelebt?

HEIDI: Alles, was ich jetzt gesagt habe, was für mich Vertrauen heißt und bedeutet – ich hab jetzt grad Gänsehaut – in diesem Moment ist in meiner rechten Hirnhälfte der Film Müller + Partner abgelaufen. Also, genau so geht‘s mir: auf Augenhöhe, aufeinander verlassen, ich freue mich, wenn ich auf die Arbeit fahre, ich freue mich, wenn ich mein Team sehe – also, genau das war mein Film.

FABIAN: Bei Müller + Partner wird das durch einen großen Vertrauensvorschuss seitens des Unternehmens, also seitens der Geschäftsleitung, erstmal vorgelebt. Es ist nicht jedermanns Sache, in so einem Umfeld zu arbeiten, doch entsteht dadurch die Chance, dass man sich Freiräume erlauben kann. Denn bei jedem Einzelnen ist das Selbstverständnis da, dass in der Sache irgendwo auch alles funktionieren muss. Beispiel Erreichbarkeit: Es muss Zeitfenster geben, in denen man erreichbar ist, somit hat es auch was mit Transparenz zu tun. Dadurch, dass wir hier sehr viel Transparenz leben – bis hin zum offenen, geteilten Kalender inklusive privater Anliegen und Themen – und uns dabei mit viel Empathie begegnen, gelingt das sehr gut.
ANNA: Hat ein Unternehmen, das eine Vertrauenskultur etabliert, denn Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Unternehmen?

HEIDI: Wir sind als gestärktes Team nach außen erkennbar. Schon auf nonverbaler Ebene wird sichtbar, dass wir miteinander können. Wir treten nach außen transparent auf und das schafft auch Vertrauen beim Gegenüber.

FABIAN: Die Vertrauenskultur ist das Ergebnis guter Arbeit, die sich nachher auf den Geschäftserfolg auszahlt. Ich glaube, dass die Unternehmen auf Dauer erfolgreicher sind, die den Faktor Mensch auch zu hundert Prozent ernst nehmen. Es sind jene Unternehmen, die in ihre Transparenz, das Miteinander und in das Vertrauen investieren, jene, wo das Wissen geteilt wird und dadurch das gesamte Unternehmen intelligenter wird. Wenn kein Vertrauen da ist, hält man sein Wissen manchmal hinterm Berg und das ist Gift für Organisationen. Das macht ein Unternehmen auch langsam in den Entscheidungen.

ANNA: Und wie funktioniert Vertrauen NICHT?

HEIDI: Also, Vertrauen im Unternehmen würde bei mir nicht funktionieren, wenn mir alles, was ich mache oder machen soll, vorgegeben wird. Auch wenn nicht in meine Fähigkeiten und Kompetenzen investiert wird, besteht für mich kein Vertrauen. Also, wenn ich nicht beteiligt werde, wenn ich nicht das leben darf, was ich am besten kann, dann wird es für mich nicht funktionieren.

FABIAN: Also, ich glaube, dass auch eine gesunde Fehlerkultur dazugehört. Einfach aus dem Grund: wenn Fehler verurteilt werden, führt das auch dazu, dass man vorsichtiger wird, und das zahlt sich nicht auf das Vertrauen aus. Der gemeinsame Nenner ist immer für alle die Sache, für die wir gemeinsam arbeiten, und insofern ist das auch sehr wichtig, zu benennen und zu differenzieren, wenn man Konflikte hat. Da geht es nicht darum, Schuldige zu suchen, sondern da geht es darum, daraus zu lernen. Ich habe schon unterschiedliche Kulturen kennengelernt, z.B. die, die sehr stark versuchen, Schuldige zu suchen, und damit letztlich das Vertrauen kaputt machen, weil dadurch eine Rechtfertigungskultur entsteht und alle versuchen, sich von den Problemen zu distanzieren und sie von sich wegzuschieben. Das ist dann irgendwann sehr stark von Misstrauen geprägt. Wenn die Führungskraft vorlebt, dass es gut für eine Organisation ist, Fehler zu machen und vor allem daraus lernen zu können, dann ist das ein großer Schritt in Richtung Vertrauenskultur.

ANNA: Was ratet ihr einem Unternehmen, das eine Vertrauenskultur schaffen oder stärken möchte?

HEIDI: Sich mit den Menschen und deren Persönlichkeit im Unternehmen zu beschäftigen.

Klare Spielregeln und Werte für die Zusammenarbeit vereinbaren, in den Dialog gehen und einen Bilderabgleich machen, was einem selbst und dem Gegenüber wichtig ist. Mach deine Mitarbeitenden zu Beteiligten, bilde einen „Fanclub“.

FABIAN: In Transparenz zu investieren. Also, neugierig füreinander zu sein und in Erfahrung zu bringen, welches Wissen andere haben. In einer Situation, in der ich merke, dass jemand etwas tut, wo ich nicht direkt verstehe, was er damit bezwecken will, einfach mal zu fragen: Was ist dir dabei wichtig? Mit welchem Zweck tust du das? Was willst du damit erreichen?

Ich vertraue am ehesten den Menschen, bei denen ich merke, dass ihnen dieselbe Sache wichtig ist. Es ist vollkommen normal, dass es da Unterschiede gibt, und wenn man sich zu oberflächlich mit den ersten Schilderungen über Grundsätze eines Menschen zufriedengibt und anfängt, in diese hineinzuinterpretieren, dann birgt das Potential für Fehlinterpretationen. Echtes Vertrauen entsteht meistens erst dann, wenn man hinter diesen augenscheinlich ersten Konflikt schaut. Wenn ich das tue und die positive Absicht finde, dann lässt sich meistens auch das gemeinsame Interesse finden.

ANNA: Also braucht es einen offenen Dialog und eine unvoreingenommene Grundhaltung?

FABIAN: Vor allem unvoreingenommen, genau! Ich kann an meiner eigenen Haltung jederzeit arbeiten, indem ich mir klarmache: Jeder Mensch handelt für sich immer nach einer positiven Absicht, auch wenn sich die für mich als Außenstehender nicht immer als positive Absicht erschließt. Wird diese Haltung im Dialog deutlich, dann wird der andere meine Fragen nicht als Angriff wahrnehmen. Falls doch, kann ich sehr klar betonen, dass es in keiner Weise böse gemeint war. Den Mut zu haben, das auszusprechen, führt dazu, dass beide Seiten einander stärker vertrauen können.

Mein Fazit aus dem Interview mit Heidi und Fabian:
Vertrauen im Unternehmen ermöglicht Freiheit, Zusammenhalt und ein angenehmes Arbeiten. Dafür braucht es Offenheit, Kommunikation, eine gesunde Fehlerkultur, gemeinsame Ziele und Interessen, Teilhabe an Wissen, Transparenz von Informationen sowie eine stetige Investition in diese Vertrauensbasis.

Sie wollen den ersten oder den nächsten Schritt Richtung Vertrauenskultur machen?

Gehen Sie für den Einstieg ins Thema doch einmal diese vier Punkte durch und finden Sie Ihre Antworten oder Ihren Status Quo dazu:

  1. Machen Sie sich Ihre eigenen Interessen, Werte und Grundsätze bewusst und gehen Sie in den Dialog mit Kolleg:innen, Vorgesetzten, Mitarbeitenden.
  2. Sprechen Sie Irritationen offen an und fragen nach, wofür jemand etwas tut oder wie eine Aussage gemeint ist à Neugier statt Vorurteil!
  3. Kommunizieren Sie selbst ebenso offen die Hintergründe Ihrer Aussagen und Handlungen, wenn Sie Irritation beim Gegenüber bemerken.
  4. Teilen Sie ihr Wissen!

Diese Offenheit im Umgang mit anderen schafft Verständnis füreinander – wie in einer guten Partnerschaft: Das Vertrauen wächst mit der Zeit, denn wir lernen unsere:n Partner:in immer besser kennen.

In diesem Interview haben Heidi und Fabian nicht nur meine Fragen beantwortet, sondern auch Vertrauen vorgelebt: Sie haben offen kommuniziert, mich an ihren Gedanken und Perspektiven teilhaben lassen und ihr Wissen mit mir geteilt. Ich erlebe durch diesen Austausch ein gestärktes Gefühl unserer Beziehung zueinander. Es muss kein Interview sein, aber warum nicht die Kollegin/den Kollegen in der nächsten Kaffeepause mal fragen, was ihre/seine Gedanken zu einer Vertrauenskultur im Unternehmen sind?

 

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