„Do-it-yourself“-Systembrett - Was wir uns von dem Spiel mit Playmobil-Figuren abschauen können

Stellen Sie sich ein Kind vor, das beginnt, die Playmobil-Figuren auszupacken und aufzustellen. „Das ist der Vater, das ist die Mutter und das sind die drei Kinder. Die Familie macht heute einen Ausflug in den Zoo …“ So laufen spielerische Planungen des Playmobil-Settings ab.

Jetzt springen Sie gedanklich einmal in Ihren Arbeitsalltag. Kennen Sie Gedanken wie:
„Ich kann mich einfach nicht entscheiden …“
„Wieso verhält er sich so?“
„Irgendwie herrscht hier eine komische Dynamik im Team …“

Solche Gedanken, in denen man festzustecken scheint, kennen Sie bestimmt auch. Doch was hat das verfängliche Spinnennetz der Gedanken mit dem kindlichen Playmobil-Spiel zu tun?

Also angenommen Sie haben ein Thema, dass Sie wiederkehrend beschäftigt, Sie finden aber keine Lösung da Ihnen ein Perspektivwechsel oder die Betrachtung mit Abstand fehlt. Wir haben in unserem Arbeitsalltag ein Tool für solche Situationen. In unseren Trainings und Coachings greifen wir gerne auf das Systembrett zurück. Sie können es sich wie ein Schachbrett ohne Muster mit den dazugehörigen freibeweglichen und unterschiedlich großen Holzfiguren vorstellen.

Mithilfe dieses Bretts können Konstellationen und Dynamiken eines Systems visualisiert werden. Ein System beschreibt die Gesamtheit einzelner Elemente, die miteinander und mit der Umwelt interagieren. Diese interagierenden Elemente können Familienmitglieder, Kolleginnen, Freunde o.ä. sein. Zum Systembrett gehören neben dem Brett auch die figurenähnlichen Gegenstände, stellvertretend für die Elemente in einem System. Mithilfe dieser Figuren können Personen ihre Themen selbst aufstellen und die Funktionen der Figuren sowie deren Positionen selbst definieren. Hierbei ist eine flexible Entwicklung des Ausgangsbildes möglich. Stehen z.B. am Anfang 1-3 Figuren auf dem Brett, können im Verlauf der Betrachtung weitere Figuren als Personen, Aussagen, Gefühle oder Ressourcen eingeführt werden. Ähnlich bei den Playmobil-Figuren: Auch hier können im Verlauf des Spiels noch weitere Personen, Aufgaben und Herausforderungen hinzukommen. Das Rauszoomen und Darstellen durch die Figuren reduziert für die Einzelperson die Komplexität der eigenen Gedanken.

Gruppen hilft diese Darstellung dabei, eigene Sichtweisen abzubilden und Handlungen anderer nachzuvollziehen. Dabei muss – anders als bei der Aufstellung einer Einzelperson – vorab eine Einigung stattfinden: Welche Situation soll wie aufgestellt werden und welche Figur repräsentiert wen oder was? Sie erinnern sich: auch beim Playmobil-Spiel wird vorab bestimmt, welche Figur wen darstellt und welche Aufgaben es im Spiel zu bewältigen gilt.

Ob für Einzelpersonen oder Gruppen: Dieses haptische Nachstellen eines Systems bringt Gedanken, Gefühle, Wünsche und Bedürfnisse ans Tageslicht – nicht länger als Gedankenchaos im Kopf, sondern greifbar unmittelbar auf dem Brett. Daraus kann dann ein kommunikativer Austausch entstehen.

Der spielerische Aspekt und die Verwendung der Figuren hilft, Abstand zum System zu gewinnen und dennoch ganz klar Strukturen abzubilden. Das Arrangieren auf dem 3-dimensionalen Brett schafft außerdem die Gelegenheit, die Situation aus mehreren Perspektiven zu betrachten (Aufsicht, von vorne, hinten, auf Augenhöhe etc.), um dadurch eine neue Sichtweise auf das Thema zu gewinnen. Vorteil dieser Methode ist, dass die rein gedankliche Ebene der Situationsbetrachtung verlassen wird und auf sämtliche Lebensbereiche, Abläufe, Fragen und Entscheidungen angewandt werden kann.

Uns hilft diese Methode im Arbeitsalltag dabei, dass Personen ihre Beziehungen und Sichtweisen selbst visuell abbilden können. Die Wahl der Figur sowie deren Positionierung auf dem Brett machen deutlich, wo Personen nach individueller Empfindung innerhalb des Systems stehen. Wichtig ist, dass wir als Trainer*innen nie die Figuren auf dem Brett aufstellen, sondern eine moderierende Haltung einnehmen und zum Dialog (innerhalb der Gruppe) ermutigen. Teilnehmende sollen explizit ansprechen, was sie auf dem Brett darstellen, andere erwidern, wie sie die Konstellation sehen. Und gemeinsam entsteht ein Gespräch, wie Dynamiken wahrgenommen werden und wie sie entgegen der Wahrnehmung gemeint sind.

Do-it-yourself-Anleitung

Möchten Sie diese Methode ganz unkompliziert in Ihrem Alltag ausprobieren? Suchen Sie sich einzelne Gegenstände zusammen, die Sie auf einem Brett oder einem Set arrangieren können. Das kann im Grunde jeder Gegenstand sein, den Sie zur Verfügung haben. Seien Sie kreativ und ziehen Sie den Klebestift, die Ketchupflasche und den Schlüsselanhänger hinzu. Da die Dinge nur als Stellvertretende agieren, ist es primär egal, um welche Art von Gegenständen es sich handelt. Es steht eine Entscheidung bezüglich eines Jobwechsels an? Sie spüren wiederkehrend Spannungen innerhalb des Teams oder der Familie?

Stellen Sie die Gegenstände für sich oder gemeinsam mit einer anderen Person auf und gelangen Sie so in einen Austausch. Sie stellen dar, wie Sie eine Situation wahrnehmen und wie Sie sich dabei fühlen. Das hilft Ihnen selbst, die eigenen Emotionen und Umstände vor sich zu sehen. Darüber hinaus können Sie durch diese Aufstellung auch gut in den Austausch mit anderen (beteiligten) Personen gehen, um zusätzlich Perspektiven zu erweitern.  Und vielleicht kommen dabei ja auch noch Erinnerungen an das Playmobil-Spiel der Kindheit wieder hoch – viel Spaß beim Ausprobieren!

 

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