Resilienz: Der Weg zur inneren Stärke

Ständige Gesetzesänderungen, ein verstärkter Wettbewerb um Mandanten und Mitarbeiter sowie die Digitalisierung der kanzleiinternen Abläufe stellen Kanzleiinhaber vor Herausforderungen. Diese Veränderungen gehen nicht spurlos an den Mitarbeitern vorbei und Menschen mit resilienten Eigenschaften gelingt es leichter, diese Veränderungsprozesse zu durchlaufen. Sie bleiben nicht so lange in einem Tief stecken und versuchen in Veränderungen das Gute und die Chancen zu erkennen. Es lohnt sich also, sich näher mit der Resilienz zu beschäftigen. 

Resilienz bezeichnet die Fähigkeit, nach Schicksalsschlägen, die einen zu Boden werfen, schneller wieder hoch zu kommen und die alte Verfassung zu erlangen. Es gibt Menschen, die erholen sich schneller und leichter als andere Menschen von den Widrigkeiten des Lebens und diese bezeichnet die Wissenschaft als resiliente Menschen.

Resilienz ist keine unveränderbare Eigenschaft, sondern das Ergebnis eines lebenslang andauernden Prozesses, den wir selbst steuern können. 

Ein wichtiger Aspekt dabei ist, dass zwischenmenschliche Beziehungen die Widerstandsfähigkeit fördern, wie fast nichts anderes. Es macht also durchaus Sinn, Zeit in Beziehungen zu investieren und bedeutet auch mal, sein Handy wegzulegen und wirklich beim Mandanten oder Kollegen mit seiner ganzen Aufmerksamkeit zu sein. Eines der größten Geschenke in unserer heutigen digitalisierten Welt ist es wohl, jemandem seine Zeit zu schenken, ihm zuzuhören und ein echtes Interesse daran zu haben, ihn in seiner Lebenswelt zu verstehen. In jedem Alter helfen uns Bezugspersonen, die Wärme, das Selbstwertgefühl und die Sicherheit mit und ohne zahlreicher Worte spürbar zu machen. Zugewandte und verlässliche Freundschaften, ein gutes Team oder Familienbande können uns helfen, uns nach Schicksalsschlägen schneller wieder zu erholen. 

Gerade in Krisensituationen ist es für stark eingespannte Steuerberater und angestellte Kanzleimitarbeiter wichtig, über einen inneren Kompass zu verfügen, der sie nicht noch weiter aus der Bahn wirft. Als Berater stelle ich meinen Klienten daher Fragen zu Kontrolle, Einfluss, Tragweite und Dauer der Krisensituation und helfe so, die Opferrolle zu verlassen und wieder Handelnder zu werden.

Was kann an der Situation im Augenblick verbessert werden? Welche Veränderungen kann ich in der aktuellen Krisensituation vornehmen? Was kann ich tun? Welche Überzeugungen habe ich von der derzeitigen Krisensituation? Werde ich sie in den Griff bekommen oder wird sie mein gesamtes Leben überschatten? Wie lange wird die Krise und deren Nachwirkungen wohl dauern? Im ersten Moment sind die Führungskräfte und Mitarbeiter vielleicht verwirrt, doch die Fragen und deren ehrliche Beantwortung sind gehaltvoll und aktivieren auch das niemals zu unterschätzende Unterbewusstsein und Bauchgefühl. 

Eine weitere wichtige Fähigkeit resilienter Menschen ist, die eigenen Gefühle, Denk- und Handlungsmuster zu reflektieren und daraus sinnvolle Problemlösungsstrategien zu entwickeln. Reflexion bezeichnet die Fähigkeit, über sich selbst nachzudenken und das bedeutet, das Denken, Handeln und Fühlen zu analysieren. Das Ziel hierbei ist, mehr über sich selbst herauszufinden. Dabei können wir uns nicht nur selbst als individuelle Person hinterfragen, sondern auch als Teil eines Systems z. B. Familie, Musikverein, Nachbarschaft oder Stammtisch. Was erfordert die Situation? Wie sieht die Situation aus der Perspektive meines Mitarbeiters aus? Wie schaffe ich es, mich trotz überwältigender Gefühle, auf eine gezielte Handlung zu konzentrieren?

Teilnehmer meiner Trainings und Workshops prüfen also ganz genau, ob das, was sie tun, funktioniert. Wenn es nicht funktioniert überlegen sie sich, was sie anders machen können. So merken die Steuerberater und Kanzleimitarbeiter immer wieder, dass sie schwierigen Situationen auch zukünftig gewachsen sind und es mehr Möglichkeiten gibt als anfangs gedacht. Widerstandsfähige Menschen denken lösungsorientiert, übernehmen Verantwortung für ihr Handeln und richten den Blick immer wieder auf die Erreichung von Zielen. 

Dabei hilft ihnen auch eine positive Denkweise. Gerade in Steuerkanzleien fällt immer wieder auf, dass sich die Arbeit fast ausschließlich um Zahlen, Daten, Fakten dreht und Gefühle, zwischenmenschliche Kontakte und Kreativität in den Hintergrund treten und verkümmern. Dies kann mit den Jahren Spuren im Gehirn hinterlassen, die zu Sinnkrisen und Burnout führen. Steuerberater haben für sich und ihre Mitarbeiter also die Verantwortung, es nicht bis zum Burnout kommen zu lassen und zu lernen, wie man achtsam und wertschätzend mit sich selbst und anderen umgeht.

Bereits im Jahr 2000 konnte Professor Dr. Kandel, Nobelpreisträger für Medizin, nachweisen, dass all unsere Gedanken und Eindrücke Spuren im Gehirn hinterlassen. Je stärker die positiven und negativen Gefühle rund um unsere Gedanken und Eindrücke sind, umso deutlicher sind die Spuren im Gehirn. Aus den anfänglichen Spuren bilden sich dann mit den Jahren festgefahrene Denkautobahnen.

Als Leser kennen Sie bestimmt Menschen, die immer wieder dieselbe Platte abspielen, wenn sie von ihren Herausforderungen im Leben erzählen. Die haben so eine Denkautobahn und finden die Ausfahrt nicht mehr. Häufiges negatives Denken schafft so die neurobiologische Grundlage, dass Panikattacken und Angstzustände überhaupt entstehen können. Wer also lange genug negativ denkt, steigert sich gedanklich in etwas hinein, sodass sich in seinem Gehirn eine Autobahn in Richtung schlechte Gefühle und Angst entwickelt. Derjenige der in Richtung Freude und Leichtigkeit denkt, lässt in seinem Gehirn nur einen kleinen Feldweg für die Angst übrig.

Die gute Nachricht ist, dass wir Gedankengut, mit dem wir uns länger nicht beschäftigt haben, im Gehirn abgebaut wird. Deshalb können wir uns so schlecht an den Satz des Pythagoras aus der Schulzeit erinnern. Unser Gehirn reagiert vollautomatisch – so, wie es mehrheitlich vernetzt und verwendet wird. 

Mit folgender Übung aus der Positiven Psychologie, die leicht in den Alltag eingebaut werden kann, habe ich bei meinen Teilnehmern in Trainings und Workshops sehr gute Fortschritte erzielt. Diese Übung aus der Positiven Psychologie hilft, die Gedanken in Richtung positive Grundeinstellung zu lenken: 

  1. Jeden Tag 3 Dinge aufschreiben, die mich glücklich gemacht haben. (alternativ: Für diejenigen, die nicht nach den Glücksmomenten forschen wollen: Was hat mich stolz gemacht?)
  2. Welchen Anteil hatte ich daran? Was habe ich für diese Glücksmomente getan? (alternativ: Welchen Anteil hatte ich an den Momenten, die mich stolz gemacht haben?)

Die Antworten auf diese Frage werden Sie widerstandsfähiger machen, weil Ihnen Ihre eigene Selbstwirksamkeit bewusst wird. Sie haben mehr in der Hand als Sie denken. 

Resiliente Menschen oder Menschen, die danach streben resilienter zu werden, stehen immer einmal mehr auf, als sie hinfallen. Sie versuchen den Widrigkeiten des Lebens eine Lernchance zu entnehmen und so innerlich immer weiter zu wachsen und so zur eigenen besten Version von sich selbst zu werden. Und das am besten mit anderen (resilienten) Menschen in Gesellschaft!

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