Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler

Die eigene Kompetenz beweisen – nicht unwichtig, wenn es darum geht, neue Mandanten zu gewinnen und zu behalten. Wie lässt sich die fachliche Expertise am besten rüberbringen? Eine beliebte Devise lautet da: „Wer schreibt, der bleibt.” Die Ergebnisse der Arbeit werden, auch um den schriftlichen Nachweis zu bringen, in Briefen und E-Mails niedergeschrieben und häufig aufwendig formuliert. So soll beim Mandanten der Eindruck entstehen, die inhaltliche Qualität sei von höchster Güte. Immerhin ist jeder Kontakt als Visitenkarte der Kanzlei zu sehen. Ein flapsiger Schreibstil soll auf keinen Fall den guten Inhalt entwerten. Deshalb wird mit Fachbegriffen, Fremdworten und komplizierten Formulierungen auch der einfachste Sachverhalt auf viele Zeilen verlängert und ausgeschmückt.

Uns begegnen im Kontakt mit Kanzleien allzu häufig Formulierungen, die gut gemeint sind, aber weit über das Ziel hinausschießen. Das hat zur Folge, dass Mandanten oft den tatsächlichen Inhalt gar nicht verstehen, viele Rückfragen nötig sind und dadurch ein höherer Zeitaufwand für alle entsteht. Der Versuch, die Qualität der Kanzlei so zu belegen, geht mächtig nach hinten los – immer mehr Mandanten sind überfordert und wünschen sich eine alternative Gestaltung des “alt hergebrachten” Schriftverkehrs.

Wie wollen Sie zukünftig auftreten und beim Mandanten wirken? Eine Veränderung kostet Kraft und erfordert die Absprache in der Kanzlei. Aber die Arbeit lohnt sich. Wir möchten Sie ermutigen, Ihre schriftliche Korrespondenz ehrlich zu überprüfen und dort nachzubessern, wo die Mandantenorientierung im Vordergrund stehen sollte. Für Ihre schriftliche Außenwirkung ist die wichtigste Prämisse: Wir schreiben empfängerorientiert, der Mandant versteht unsere Texte! Es soll angenehm sein, eine Nachricht von Ihnen zu lesen. 

Mit diesen Werkzeugen können Sie Ihre Schreiben prüfen und Ihre Vorlagen überarbeiten:

Die Betreffzeile

Ziel der Betreffzeile ist es, dem Leser einen kurzen Überblick über den Inhalt des Schreibens zu geben. Deshalb hat diese maximal zwei Zeilen. Überflüssige Informationen für die Betreffzeile sind zum Beispiel Steuernummer und Paragraphen. Eine Betreff-Information im Befehlston („Anhörung wegen Mahnung“) wird den Empfänger eher abschrecken und keine Lust aufs Weiterlesen machen.

  • „Ihr Einkommenssteuerbescheid 2019 ist da“
  • „Bitte vereinbaren Sie einen Termin mit uns!“
Die Anrede

Sprechen Sie den Empfänger immer mit Namen an. Eine neutrale Begrüßung („Sehr geehrte Damen und Herren”) ist nur angemessen, wenn kein Empfänger zuzuordnen ist. „Hallo Frau …“ und „Guten Tag Herr …“ sind in der E-Mail-Korrespondenz wertschätzende und formell gültige Anreden. Hier dürfen Sie sich mit gutem Gewissen von alten zu förmlichen Formulierungen lösen.

Der Einstieg

Suchen Sie eine positive Formulierung für den Einstieg und verzichten Sie auf Bezugnahmenund Eingangsbestätigungen. Fallen Sie nicht mit der Tür ins Haus, sondern nutzen Sie die Einleitung, um den Leser ins Thema zu holen. 

Gute Einstiegssätze beginnen zum Beispiel mit:

  • „Wir freuen uns, Ihnen mitzuteilen …”
  • „Vielen Dank für das freundliche Telefonat …”
  • „Mit diesem Brief erhalten Sie …”
  • „Herzlichen Dank für …”
  • „Gerne sende ich Ihnen …"
Der Hauptteil

Für den Hauptteil gilt: So kurz wie möglich, so lang wie nötig. Vor allem im E-Mail-Kontakt sollten Sie prägnant schreiben und wenig ausschmücken. Im Gegensatz zum Briefverkehr soll hierdurch ja eine Beschleunigung der Kommunikation erlangt werden. Teilen Sie dem Empfänger mit, weshalb Sie schreiben, was Sie benötigen, was er (bis wann) tun und lassen soll oder was Sie für ihn erreicht haben. Alle ergänzenden Erläuterungen - wie Gesetzestexte – gehören in den Anhang. Formulieren Sie verständliche Texte, indem Sie eine aktive und positive Sprache verwenden und konkrete Aussagen treffen. Vermeiden Sie Formulierungen aus der dritten Person heraus („Die Unterlagen sind unterschrieben an uns zurückzusenden.” Besser: „Bitte unterschreiben Sie die Unterlagen, ich habe die Stellen für Sie markiert.” oder „Schön, wenn Sie die Unterlagen bis zum … an uns zurückschicken. Vielen Dank dafür.”), vermeiden Sie ebenso Fremdworte und Abkürzungen. Ein Brief sollte so geschrieben sein, dass er auf dem Weg vom Briefkasten zur Couch verstanden werden kann – und zwar von einer fachfremden Person. Kürzen Sie Ihre Sätze auf maximal 15 Worte. Streichen Sie Substantivierungen (-ungs) und verwenden Sie stattdessen Verben. Überprüfen Sie Ihre Inhalte selbstkritisch: Welche Informationen muss ich geben? Welche Informationen kann ich geben? Was gehört in die Anlage zu meinem Brief (Checklisten, Gesetze, Begründungen, Herleitungen, …)?

Der Abschluss

Machen Sie insbesondere zum Schluss verbindliche Aussagen (benennen Sie Fristen und Termine ganz konkret mit Datum) und bieten Sie Ihre Unterstützung bei offenen Fragen an.

  • „Wenn Sie dazu Fragen haben, freue ich mich auf Ihren Anruf.“
  • „Haben Sie noch Fragen? Unser Team ist täglich von… bis… für Sie da.“

Verabschieden Sie den Leser mit dem Gefühl, wertschätzend und professionell betreut zu werden. Geben Sie Ihrem Mandanten auch in E-Mails das Gefühl, dass er Ihnen trotz der anonymen Atmosphäre der elektronischen Kommunikation wichtig ist. Dazu gehören freundliche Worte, aber auch eine persönliche Grußformel (z. B. „Mit freundlichen Grüßen aus Hannover”, „Viele Grüße nach Magdeburg”) und die Unterschrift des Ansprechpartners. Sich von dem gewohnten, aber unpersönlichen „Mit freundlichem Gruß” zu trennen, mag etwas Mut erfordern, zahlt sich aber durch einen besseren Kontakt zu Ihren Mandanten aus. Das gilt für die anderen aufgeführten Punkte auch, weshalb wir Sie motivieren möchten, mit renovierten Anschreiben ins neue Jahr zu starten. Sie werden schnell merken, welche Arbeitserleichterung daraus hervorgeht und welcher Nutzen für Ihre Kanzlei entsteht. Ihre Mandanten werden positiv überrascht sein von Ihren Briefen und E-Mails, die leicht zu lesen und zu verstehen sind. Wir wünschen Ihnen viel Freude und Erfolg dabei!

PS

Rein technisch betrachtet längst überholt, erhält das PS am Ende eines Textes noch einmal die Aufmerksamkeit der Leser. Es eignet sich also wunderbar, um Neuigkeiten oder ergänzende Informationen über die Kanzlei zu verbreiten. „PS: Alle Tipps zur Korrespondenz und viele weitere Inhalte sind Teil unserer Fortbildung zum/zur Kanzleimanager/in 2019, die vom Steuerberaterverband Niedersachsen Sachsen-Anhalt e. V. an verschiedenen Standorten angeboten wird.”

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